von unserem Mitglied Frau Johanna Urban
Sehr geehrter Herr Nimptsch,
mit Bestürzung verfolge ich die aktuellen Diskussionen um jährliche Einsparungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro beim Theater Bonn ab der Spielzeit 2013/2014 sowie Ihren jüngst eingebrachten Vorschlag, die Oper Bonn nach Köln zu verlegen. Ich bin Mitglied im Verein „Opernfreunde Bonn e.V.“ und möchte zu den aktuellen Ereignissen im Folgenden Stellung beziehen:
Im Interview mit dem Bonner Express vom 23.11.2010 sagten Sie, die Oper Bonn – ebenso wie die Oper Köln – habe zurzeit kein Weltklasseniveau, weil sie keine Spitzenstars wie Anna Netrebko oder Placido Domingo zu bieten habe. Die aktuell mit Riesenerfolg laufenden Produktionen „Turandot“ und „Irrelohe“, die in renommierten Fachzeitschriften wie „Der Opernfreund“ beste Kritiken bekommen haben, beweisen hingegen, dass ein gutes Opernhaus nicht allein an Namen von Spitzenstars zu messen ist. Außerdem haben sich Mitglieder des Bonner Opernensembles wie George Oniani, Julia Novikova oder Mark Morouse, um nur einige wenige zu nennen, bereits international einen Namen gemacht und überzeugen das Opernpublikum in Bonn immer wieder mit musikalisch und schauspielerisch hervorragenden Leistungen. Und das trifft ausnahmslos auf alle Ensemblemitglieder zu!
Ihre Anwesenheit beim Konzert unseres diesjährigen Preisträgers der „Opernfreunde Bonn“, Giorgios Kanaris, am 18. Oktober beweist doch auch Ihr Interesse an den Leistungen unseres Ensembles. Und das Konzert hat Ihnen ja offensichtlich gefallen.
Die Annahme, dass die Opernbesucher, die nach Bonn fahren, künftig nach Köln fahren werden, ist absolut irrig und unrealistisch.
Wenn man bedenkt, dass etliche Besucher der Oper Bonn aus dem Rhein-Sieg-Kreis bzw. aus dem Norden von Rheinland-Pfalz (Kreis Ahrweiler und Kreis Neuwied) kommen, dann ist nicht davon auszugehen, dass die dann alle nach Köln fahren.
Und unser musikalisches Aushängeschild, das Beethovenorchester, soll das dann seine Spielpraxis überwiegend in Köln oder in internationalen Konzerthäusern beziehen? Und wir Bonner dürfen dann künftig unser Orchester fast nur noch im Fernsehen bestaunen? Eine grauenhafte Vorstellung!
Bonn ist Beethovenstadt, UN-Stadt und Universitätsstadt: Eine Stadt von solchem Ruf ohne Oper ist ein Ding der Unmöglichkeit! Dann treten wir hinter Städte wie Coburg zurück, das sich mit rund 40 000 Einwohnern ein Opernhaus leistet. Lassen Sie das nicht zu, Herr Nimptsch!
Statt jeden Cent beim Theater umzudrehen ist es sinnvoller, jeden Cent bei ehrgeizigen Bauprojekten umzudrehen, ehe dann dort sogar Millionen versickern (siehe WCCB!).
Als Fachlehrerin für Deutsch und Darstellendes Spiel gehört es für mich zum regelmäßigen außerunterrichtlichen Programmpunkt, mit Schülern ins Theater oder (seit neuestem auch) in die Opern nach Bonn zu gehen. Theater, das bedeutet die Anregung von Phantasie und Kreativität, das Einfühlen in andere Denk- und Sichtweisen und die Auseinandersetzung mit Lebensthemen, mit denen wir alle früher oder später konfrontiert werden. Wenn wir unseren Kindern und Jugendlichen regelmäßig die Möglichkeit bieten, ins Theater oder in die Oper zu gehen, dann tragen wir ein Stück weit dazu bei, dass sie zu gebildeten und ausgeglichenen Menschen werden. Deswegen müssen Theater und Oper Bonn ein fester kultureller Standort in Bonn bleiben, für unsere Kinder und Jugendlichen und für uns alle!
Dass momentan gespart werden muss, ist uns allen klar. Aber es gibt viele alternative Möglichkeiten zu sparen bzw. die Stadtkasse wieder zu füllen.
Deswegen mein dringender Appell an Sie, Herr Nimptsch: Verschonen Sie das Theater und die Oper Bonn von weiteren Einsparungen, die im letzten Jahrzehnt zur Genüge vorgenommen wurden!
Ständige Diskussionen um Einsparungen stellen für die Mitarbeiter des Theaters und der Oper Bonn eine unzumutbare, enorme Belastung dar, jetzt in der Vorweihnachtszeit ganz besonders.
Die Mehrheit der Bonner Bürger hat Sie gewählt, enttäuschen Sie uns nicht! Wir können nicht zulassen, dass Bonn kulturell ver(bl)ödet!
Mit freundlichen Grüßen,
(StR´in Johanna Urban, Mitglied im Verein „Opernfreunde Bonn e.V.“)